1996 | Wohnungsbau

Quartierbebauung Waldstraße

Projektbeschreibung

Die weitere und engere städtebauliche Situation

Das Baugebiet ist der nördlichste Teil der Bebauung entlang der Waldstraße. Dabei steht der Begriff Waldstraße nicht für eine Straße, sondern für eine städtebauliche Entwicklung.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde zu beiden Seiten der Waldstraße ein geschlossenes Quartier errichtet in Form von Blockrandbebauungen mit innenliegenden Hauszeilen als Geschoß- und Reihenhausbebauung. Dabei erschließen Wohnstraßen, die als „überbaute Tore“ in das Innere des Blocks führen, die jeweilige Situation. Nach Außen hin zur Waldstraße geschlossen, ja fast abweisend, bilden Sie Raumkanten parallel zur Waldstraße und bestimmen und bestimmen dadurch auf kräftige Art den Stadtabschluss. Denn im Anschluss an die Blockrandbebauung der 20er Jahre endet das Stadtgefüge mit einem parallel zur Waldstraße geführten Bahndamm, daran anschließend Gärten und Felder des Belzbach- und Moosbachtales und bilden das Landschaftsbild.

Jedoch endet die Quartierbebauung im nördlichen Teil der Waldstraße mit der Steinstraße ohne einen definierten Endpunkt zu schaffen im offenen Gelände. Eben in diesem Bereich liegt das zu bebauende Gebiet.

Das Gelände

Das Baugebiet bildet sich als ein „geschwungenes Dreieck“ ab, das einerseits durch die Waldstraße, einen überwachsenen Bahndamm und der Randbebauung an der Steinstraße formuliert wird. Bis jetzt wurde es von den Amerikanern als Tankstelle genutzt und war mit Reparaturhallen für Fahrzeuge belegt.

Das Grundstück hat eine Größe von ca. 20.000qm und soll zukünftig eine Wohnbebauung aufnehmen. Der Bebauungsplan sieht eine Ausnutzung mit einer GRZ/GFZ von 0,4/1,2 vor und lässt vier (fünf) Geschossen zu.

Die Idee für Bau und Städtebau

Die räumliche Fassung des zukünftigen Baugebietes wird einerseits durch den stillgelegten und bewachsenen Bahndamm bestimmt als einer natürlichen topografischen Begrenzung oder Raumkante und andererseits durch die geplante Fortsetzung der Bebauung entlang der Waldstraße in Form einer durchlaufenden, geschlossenen Baukante als zweiter räumlicher Begrenzung mit dem zusätzlichen Ziel einer Bestimmung des Straßenraumprofils und einem definierten Endpunkt der nördlichen Waldstraße als deren Abschluss oder Beginn.

Die Bebauung oder von der „Linie“ über die „Zeile“ zum „Punkt“

Der geschwungene, viergeschossige Baukörper entlang der Waldstraße (Linie) wird dabei an zwei Stellen perforiert, um Wohnstraßen in das zukünftige Quartier zu leiten. Die dabei entstehenden „Brücken- oder Torsituationen“ sind als Motiv in der Waldstraße aus der Bebauung der 20er Jahre vorhanden und werden hier fortgeführt. Es sind u.E. die einzigen Straßenüberbauungen mit Wohnungen in Wiesbaden als städtebauliches Charakteristikum.

Dabei wirkt als optischer Endpunkt dieser „Torsituation“ die natürliche Raumkante des Damms mit seinem Bewuchs als grünes Band und Bildausschnitt. Diese Silhouette ist also in die architektonische Ordnung bewusst mit einbezogen und zur „hinteren Ebene“ gemacht. Dabei werden begleitet zu den Wohnstraßen Gebäude als „Zeilen“ angelegt, die im idealisierten Raum der Schichten mit ihren Längsseiten die Tiefe des realen Raumes sichtbar und ablesbar machen. Untereinander bilden sie erlebbare kleinere und überschaubare Raumsituationen. Und endlich als Abschluss vor dem Gebäudewall beenden Einzelbauten als „Punkte“ die Zeilen.

Somit spielt als immer sichtbare Raumkante der bewachsenen Erdwall in den gebauten Raum hinein und lässt als „Verbindungselement“ zur offenen Landschaft die anschließenden Gärten und Streuobstwiesen erahnen.

Damit - so glauben wir - ist ein gestufter und definierter Übergang von Stadtkante zu offenem Landschaftsraum entstanden. Das „Wohnen am Stadtrand“ als Schlussstein der Waldstraße bildet somit das „Wiesbadener System“ ab:

Freigehaltene Täler mit Parks oder Gärten, mit Bachläufen aus dem Taunus zum Rhein und einer Bebauung an ihren Rändern im Rhythmus Waldstraße – Belzbachtal – Siedlung Sauerland.